User-Centered Design Thinking. Hä?

Begriffe wie «User-Centered Design» und «Design Thinking» sind heute in aller Munde. Doch was bedeuten diese und vor allem: Wie lassen sich die damit bezeichneten Methoden in der Konzeption und Umsetzung von digitalen Produkten wie Websites oder Apps erfolgreich anwenden?
Geschrieben von Dominik Gasser – Creative Director
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Was ist «Design Thinking»?

Während sich «User-Centered Design» (UCD) mehr auf das User Interface und auf bekannte Fragen der Usability fokussiert, ist «Design Thinking» ein Ansatz, der zum Lösen von Problemen und zur Entwicklung (ganz) neuer Ideen führen soll. Ursprünglich von den Stanford Professoren David Kelley, Larry Leifer und Terry Winograd entwickelt, verfolgt Design Thinking das Ziel, Lösungen zu finden, die aus Sicht der Anwender (User) überzeugend sind. Design Thinking basiert auf der Annahme, dass Probleme besser gelöst werden können, wenn Menschen aus unterschiedlichen Bereichen und Disziplinen zusammenarbeiten, um gemeinsam Konzepte und Produkte zu entwickeln und zu testen.

So weit, so gut. Menschen aus unterschiedlichen Bereichen findet man in fast jedem Unternehmen. Wenn dann ein interdisziplinäres Team aus beispielsweise Projektleiter, Konzepter, Designer und Programmierer zusammengestellt ist, kann der kreative Prozess beginnen. Der Erfolg ist vorprogrammiert, möchte man meinen. Doch einer, der oft zu wenig oder zu spät eingebunden wird, ist der End-User. Wir Menschen neigen dazu, von uns selbst auf andere zu schliessen und setzen oft bestimmtes Wissen voraus. Aber wer ist unser User? Wie tickt er, was sucht er und wie interagiert er? Selbst das interdisziplinäre Projektteam kann die beste Lösung für den User nur antizipieren. Mehr Sicherheit und auch wichtige Inputs gewinnt man nur, wenn der User auch von Anfang an in den Prozess eingebunden wird. Mehr dazu später.

Strategie und Vision als Startpunkt

Bevor überhaupt mit Design Thinking und der Entwicklung von Ideen und Konzepten gestartet werden kann, müssen Vision und Strategie definiert sein. So ist für alle Beteiligten klar, wohin die Reise geht und welche konkreten Ziele verfolgt werden. Auch die Business-Ziele sowie explizite Erfolgskriterien (KPIs), z. B. erwartete Anzahl der Verkäufe pro Monat, die mit dem Produkt erreicht werden wollen, sind zu definieren und helfen einen ergebnisorientierten Prozess zu etablieren. Die Vision beschreibt die Essenz des Produkts. Zusammen mit dem Wissen über die angestrebte Zielgruppe sind dies die zentralen Informationen, die das Team kennen muss.

User Centered Design braucht Research

Sobald die Produktvision definiert ist, beginnt die nächste Phase: Recherche, in Form von Markt- und Konkurrenzanalyse und User Research, bildet die andere Hälfte der Grundlagenarbeit für herausragende Konzepte. Die Erkenntnisse, die daraus gewonnen werden, sind – das lehrt uns die Erfahrung – essenziell. Die Lösungen werden fundierter und es wird zudem einfacher, die verschiedenen Interessengruppen in einer Organisation für die Ideen zu gewinnen. Für die Durchführung von Marktanalysen und Benutzerrecherchen gibt es verschiedene erprobte Methoden wie Interviews, Online-Umfragen oder Kontextanalysen (Contextual Inquiry). In diesem Artikel gehe ich nicht weiter darauf ein, bei Interesse können Sie gerne mal auf einen Kaffee bei uns vorbeikommen :-). Neben den Markt- und Benutzerrecherchen liefern natürlich auch Daten aus Tools wie Google Analytics wertvolle Informationen, die man auswerten und in die Analyse miteinbeziehen sollte.

Erfolg durch Nutzereinbindung

Nun haben wir also Strategie und Vision sowie dank Research auch eine hervorragende Grundlage, um mit dem kreativen und iterativen Prozess zu beginnen, der in den meisten Fällen in etwa so aussieht:

01. Ideation & Moodscreens
02. User Journeys
03. User & Job Stories
04. Informationsarchitektur
— User Testing
05. Wireframes
— User Testing
06. Screendesign
07. Clickable Prototype
— Usability Testing
08. Spezifikationen
09. Coding
— Testing
11. Launch
12. Post-Launch Optimierungen

Auch hier gilt es, die User so oft es geht in den Prozess einzubinden und Feedbacks einzuholen, damit man nicht Gefahr läuft, am Ende einer langen Entwicklungsphase festzustellen, dass das Produkt bei den Usern nicht ankommt und aufwendige – und damit teure – Korrekturen notwendig werden.

Mit anderen Worten: UX Research und Usability Tests zahlen sich in jedem Fall aus, denn nur zufriedene Nutzer werden zu guten Kunden. Die Testings müssen auch nicht immer gross angelegt und empirisch sein. Oft ist es ausreichend, das Produkt mit einer Hand voll Usern zu testen. Studien haben gezeigt, dass bei einem User Testing mit fünf Usern rund 80 % der Issues aufgedeckt werden können.

User Testing

Fazit

User-Centered Design und Design Thinking hören sich nicht nur in der Theorie wunderbar an, es sind Methoden, die auch in der Praxis gewinnbringend angewendet werden können und einen wichtigen Beitrag zum Erfolg eines Projekts leisten. Ich bin überzeugt, dass sich der vermeintliche Mehraufwand für Research und Testings lohnt und am Ende auch auszahlt. Aufwendige und nervenaufreibende Korrekturrunden können erheblich reduziert werden und – ganz entscheidend – die Produkte werden besser und damit auch erfolgreicher. Oder wie es im Englischen so schön heisst: Good design is good business.

Querlesen Highlights


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